Tarifreform: Immense Steigerungen?

Brucker SZ-Berichte vom 24.7.18 und 25.7.18: »Tarifreform – Saftige Preiserhöhung beim MVV. Pendler, Schüler und Azubis müssen bei Zeitkarten mit einem Aufschlag von teils mehr als 80 Prozent rechnen, warnt Grünen-Abgeordneter Martin Runge. Betroffen seien nur drei Promille … aller Fahrgäste fahren aus stadtnahen Kommunen in die Peripherie des Innenraumes, kaufen also Zeitkarten für die aktuellen Ringe 4 und 5 oder 4, 5 und 6. Das wären bei etwa 800.000 Fahrgästen im Jahr mehr als 2.600 Personen in allen Landkreisen rund um München … Nach Angaben des Gröbenzeller Politikers kostet eine Wochenkarte von Germering, Gröbenzell oder Puchheim nach Pasing bisher 15,40 Euro für zwei Ringe. Nach dem neuen Tarifsystem würde die Strecke aus dem Münchner Innenraum und einer Zone bestehen (M plus 1), der Preis läge bei 28,70 Euro, das ist eine Steigerung von 86 Prozent. Die Monatskarte kostet derzeit 55,20 Euro und in Zukunft 89,90 Euro, macht einen Aufschlag von 63 Prozent … Auch am Sozialticket lässt Runge kein gutes Haar, weil es sich um eine Zeitkarte handelt. Für Arme wäre ein Sozialticket für 50 Euro immer noch eine zu große Ausgabe auf einen Schlag. Besser wäre, der MVV würde gerade dieser Klientel günstige Tages- und Streifenkarten anbieten. “Sicher wäre eine Sozial-Streifenkarte schön, aber die MVV-Tarifreform ist ein mühevoller Kompromiss und Extremfälle gibt es immer”, sagte Landrat Karmasin.«
Kommentar: Der Landtagsabgeordneten Martin Runge (Grüne) hat Preissteigerungen bis zu 86 Prozent ausgerechnet. Davon betroffen seien nur drei Promille aller Fahrgäste und nur etwa 0,5 Prozent der Zeitkartenkunden, sagen die Befürworter und verweisen wie üblich darauf, dies sei der einzig möglichen Kompromiss gewesen, also müsse man akzeptieren. Man muss nicht, wie man weiß. Und die Leidtragenden – das sind alle Mitmenschen, deren Geldbeutel auch heute schon keine längeren und öfteren Fahrten mit dem MVV gestattet – als „Extremfälle“ zu bezeichnen, die es eben „immer gibt“, verweist auf eine zynische Haltung. Menschen mit solch defizitärer Moralvorstellung sollten wir nicht in politische Positionen wählen. Dass die Armut zunimmt, weiß auch jeder, vorwiegend wird deshalb die Tarif”reform” künftig Rentnerinnen und Rentner treffen.
Ausführlicher Austausch der Argumente: Brucker SZ vom 27.7.18.
Meldung der Brucker SZ vom 26.7.18: „Der Fürstenfeldbrucker Kreistag hat die MVV-Tarifreform am Donnerstagnachmittag mit 47:12 Stimmen gebilligt. Die Reform wird allerdings nur umgesetzt werden, wenn sämtliche Landkreise zustimmen.“
Eine empfehlenswerte Dokumentation im ZDF: “ZDFzoom – Nächster Halt: Stress im Nahverkehr”. Der öffentliche Nahverkehr boomt. Über 30 Millionen Fahrgäste sind täglich unterwegs. Ein bundesweit einheitliches Tarifsystem gibt es nicht. Stattdessen ein Flickenteppich aus Zonen und Waben … Kaum eine Transportbranche ist so vielschichtig wie der ÖPNV. Und kaum eine ist so bürgernah und vor allen Dingen so wichtig. Aber warum existieren in Deutschland so gewaltige Qualitätsunterschiede? Das 28 Minuten-Video “ZDFzoom” zeigt unter anderem an Hand dieser Beispiele, wo und wie sich die Strukturen des ÖPNV fehlerhaft entwickeln haben und was getan werden muss, damit es besser wird.