Schließung der Estinger Bücherei bzw. deren „Umzug“ in eine Bäckerei Rackl

Die Estingerin Jessica Aweis beweist Zivilcourage und wendet sich mit Einwänden und eigenen Ideen gegen die Planungen für eine neue Bücherei an Bürgermeister Magg, Olching, und die Presse.
Sehr geehrter Herr Magg,
ich schreibe Ihnen, um mein tiefes Bedauern über die Schließung der Bücherei Esting mitzuteilen. Insbesondere die Art und Weise wie die Schließung der alten Bücherei durchgeführt wird ist verantwortungslos und eine Verschwendung öffentlicher Mittel. Auch ist bezüglich der Neueröffnung der Bücherei am Estinger Bahnhof viel Kritik einzubringen, da sich weder das Gebäude noch der Standort für eine Bücherei eignen, die bisher hauptsächlich von Kindern und ihren Eltern genutzt wird. Der Standort der alten Bücherei Esting in der Estinger Schule liegt vielleicht nicht ganz so zentral, wie gewünscht. Allerdings hat er viele Vorteile gegenüber dem neuen Standort:
– Er ist ruhig gelegen; gleich neben der Turnhalle des SV Esting und in der Estinger Schule und somit direkt bei den Kindern; er ist nicht von Straßen umgeben; hat Blick ins Grüne, einen kleinen Spielplatz und viele Parkplätze. Es ist also ein perfekter Ort für Kinder und ruhige Vorlesenachmittage. Der Ort ist ruhig, sicher und angenehm.
– Auch für die Bücher und andere Medien ist der alte Standort gut: es ist ein dickes Mauerwerk, mit Zentralheizung und Fenstern, die man öffnen kann. Das Raumklima ist sowohl im Sommer als auch im Winter angenehm und wohltempariert und daher gut für die Bücher.
– Das Personal arbeitet schon seit Jahrzehnten hier, kennt sich immer aus, kennt fast alle Leser beim Namen und ist immer freundlich.
Kurzum: es gab eigentlich wenig zu verbessern an der alten Bücherei Esting. Man hätte nur einfach mehr Werbung für sie machen sollen, da eben nicht gleich jedermann, der in diese Stadt zieht sofort von dem schönen Ort erfährt. Die alte Bücherei Esting muss man kennen, nicht um sie zu finden und zu entdecken, sondern weil es einfach ein toller Ort ist, ganz besonders für Kinder.
Dass man am Bestand vielleicht ein bisschen arbeiten muss, ist normal, wie in jeder Bücherei. Auch einen Umzug in Erwägung zu ziehen, wenn die Bücherei keinen Platz mehr hat, ist durchaus denkbar.
Die Auflösung der alten Bücherei Esting: Zum Bücherflohmarkt in der alten Bücherei Esting muss ich sagen, dass ich doch ziemlich schockiert darüber war, wie hier mit öffentlichen Mitteln umgegangen wird. Die Regale für Erwachsenenliteratur waren einfach für den Flohmarkt freigegeben. Es gab keine Anzeichen dafür, dass eine vernünftige Vorentscheidung darüber getroffen wurde, welche Bücher nicht mehr von den Lesern oder der Stadt Olching benötigt werden oder welche Ausgaben vielleicht zu wertvoll sind, um sie auf diese Weise loszuwerden. Alles stand einfach zum Verkauf offen.
Ein Beispiel: Ich habe Markus Zusak’s „The book thief“ vom Regal genommen. Die Ausgabe wurde 2012 veröffentlicht und von der Bücherei Esting gerade erst im Jahre 2016 für 9,70 Euro angeschafft. Als ich mit dem Buch zum Ausgang ging, sagte man mir, ich könne spenden, was ich wollte. Ich habe fairerweise 5 Euro in die Kollekte gelegt. Ich hätte allerdings auch nur 10 Cent oder gar nichts hineinlegen können. Das geht gar nicht!
Die neue Erlebnisbücherei in Neu-Esting: Die neue Bücherei soll laut der Homepage der Stadt Olching und diverser Zeitungsartikel mit Café Rackl zusammen betrieben werden und das ohne räumliche Trennung zwischen Bücherei und Café.
– Kaffeeflecken und Kuchenkrümel sind sehr schlecht für Bücher
– die Kunden von Café Rackl wollen sich unterhalten und telefonieren: das wird zu laut, besonders da die Bücherei auch Leseförderung und Vorlesenachmittage abhalten soll
– der neue Standort ist von zwei Straßen umgeben mit zwei Bushaltestellen: Lärmbelästigung und zu gefährlich für Kinder
– Das neue Gebäude hat ein Flachdach und eine Glasfassade: es wird viel zu heiß im Sommer und die Klimaanlage ist nicht nur schlecht für Kinderschleimhäute, sondern auch für die Bücher
Bitte lesen Sie sich beigefügtes Dokument über die soziale und gesellschaftliche Situation in der Umgebung der neuen Bücherei durch. Falls ihr Spam-Filter dieses herausfischen sollte, dann sagen Sie mir bitte Bescheid.
Ich bitte Sie daher, die bevorstehende Schließung der Bücherei bzw. deren „Umzug“ nochmals zu überdenken und sowohl dem Personal der Bücherei Esting und dem Personal der Bäckerei Rackl, die wirklich schon seit Jahrzehnten dort arbeiten, mehr Gehör zu schenken. Es wäre schade, wenn sich die schöne Bücherei Esting in eine „Erlebnisbücherei“, um nicht „Alptraumbücherei“ zu sagen, verwandeln würde.
Hochachtungsvoll und mit feundlichen Grüßen, Jessica Aweis

Frau Aweis hat sich auf literarische Weise mit dem Sachverhalt auseinandergesetzt.