Die Angst geht um. Aber sie ist kontraproduktiv

In Bayern gelten folgende Vorschriften: „Menschen dürfen dort bei Androhung von Bußgeldern die eigene Wohnung nur noch aus triftigen Gründen verlassen. Dazu gehört der Weg zur Arbeit, nötige Einkäufe oder Arztbesuche. Auch Spaziergänge etwa in der Familie mit Abstand zu anderen bleiben bislang möglich.“ Spaziergänge gehören somit zu den trifftigen Gründen!
Nicht vergessen: Krisenzeiten führen zur Verbreitung sozialdarwinistischer Einstellungen, nicht nur von Solidarität. Was ist, wenn die Krankheit einen Einsamen überfällt? Wenn da keiner ist und niemand und nichts? Nur eine große Leere, in der sich Verzweiflung ausbreitet.
Wir sollten bedenken: Stress, Depression und Angst schwächen das Immunsystem. Gestärkt wird es durch Optimismus, Selbstwert, Selbstwirksamkeit, soziale Bindungen (!) und sogar emotionale Vielfalt. Falschmeldungen und wilde Spekulationen führen zum Streit und gegenseitiger Ausgrenzung, bringen uns gegeneinander auf, anstatt zu solidarischen Helfen zu animieren. Denn nicht nur Wohnungslose, Obdachlose und Pflegebedürftige bleiben weitgehend ungeschützt und leiden.
Zu wenig bekannte Tatsachen:
In Deutschland gibt es nach offiziellen und inoffiziellen Schätzungen mindestens eine halbe Milion Obdachlose und Wohnungslose. Die Dunkelziffer mit prekären Wohnverhältnisse zum Beispiel in der „Stricher“-Szene liegt wohl seriös bei rund zwei Millionen … „Anti-Ziganismus, Homophobie und Antisemitismus gegen (oft jüdische) Osteuropäer sind das größte Problem innerhalb dieses Milieus“ … Lösungen für die Schwächsten der Gesellschaft – andernfalls hätte deren Leiden auch massivste Auswirkungen auf den sozialen Frieden für die ganze Bundesrepublik Deutschland und die EU, was bereits in Spanien oder in Italien zu beobachten ist. In Neapel kam es bereits zu Dutzenden gemeldeten Fällen von Mundraub – was dort aber traditionell von der großen Mehrheit geduldet wird aus der speziellen Widerstands-Geschichte Neapels und der Kultur der konkreten und täglichen Solidarisierung untereinander und mit den unschuldig Schwächsten in ghetti wie dem Spanischen Viertel, welche im Norden Europas oft zu vermissen ist. – Quelle: https://www.heise.de/tp/features/Corona-Schutzschirm-Die-Gespraeche-laufen-4687724.html
bekannt ist, dass Viren und Bakterien auf Staubpartikeln oder organischen Teilchen aus dem Meeresdunst reisen. Sie können damit sogar bis in die Troposphäre aufsteigen und mit Winden Tausende von Kilometer reisen, bis sie wieder auf die Erde zurückfallen, mitunter auch in Massen … Wie Wissenschaftler vor zwei Jahren gemessen haben, rieseln jeden Tag „Dutzende von Millionen Bakterien und Milliarden Viren auf einen einzigen Quadratmeter“ herab … Ein Wissenschaftlerteam verschiedener italienischer Universitäten will einen Zusammenhang zwischen der Luftverschmutzung durch Feinstaub und der Häufung von Coronavirus-Infektionen gefunden haben … Die Feinstaubbelastung ist am höchsten in der Po-Ebene … – Quelle: https://www.heise.de/tp/features/Feinstaubpartikel-als-Viren-Vehikel-4687454.html
Todesfall-Zählung: Da zudem vornehmlich Menschen im fortgeschrittenen Lebensalter mit gravierenden Vorerkrankungen in der Intensivstation verstorben sind, kann man schwer sagen, ob sie nun an SARS-Cov2 verstorben sind oder an den Vorerkrankungen.
Wir sehen Tendenzen, die sich zum Teil diametral widersprechen, bestimmte Logiken und Pläne, die aufgrund wissenschaftlich begründeter Hypothesen verfolgt werden, aber nicht unbedingt die gewünschten Konsequenzen haben … Einschränkungen wie die faktische Aufhebung des humanitären Flüchtlingsschutzes und das Festhalten an Abschiebungen fallen in der Corona-Krise nicht vom Himmel – sie sind das Produkt von Politiken der Abschottung, die schon zuvor in den Laboratorien in den EU-Hotspots auf den griechischen Inseln erprobt wurden. Die Schließung von Grenzen für Migrantinnen und ihre Einschließung in Lager wird als seuchenbedingte Mobilitätseinschränkung verkauft, während man zehntausende Staatsbürger aus aller Welt heimholt. Das ist Nationalismus … Die neuen faschistischen Bewegungen, ihr Hass auf die Schwächsten und ihre Bereitschaft zum Kampf aller gegen alle haben sich nicht aufgelöst … Solidarität kann zur nationalen Volksgemeinschaft oder zu transnationaler Solidarität werden … „Es bedurfte eines Virus, um eine verdammte Anklage gegen unsere gesamte Gesellschaftsordnung öffentlich zu machen: Millionen von Menschen in einer reichen Nation sind immer einen Gehaltsscheck entfernt von extremer Not.“ (Owen Jones). Es ist essenziell, dass diese Vorgänge in öffentliche Räume gelangen, und sei es digital … Die Regierungen des Globus nehmen Milliarden in die Hand, um die Krise zu bekämpfen, aber zugleich sind Forderungen nach einer sozial-ökologischen Staatsintervention marginalisiert. Es wird ausdrücklich anerkannt, dass das Gemeinwesen durch bezahlte oder unbezahlte soziale Tätigkeiten (Kinderbetreuung, private Altenpflege) am Leben erhalten wird. Gleichsam gehen die Menschen auf dem Zahnfleisch, weil die Krise es „jetzt erfordert“ … Keine solidarische Nachbarschaftshilfe kann den politischen Raum ersetzen, den es braucht, um das alles auszuhandeln. Soziale Kämpfe sind auf ein kollektives Zusammentreffen und die Adressierung von Öffentlichkeit angewiesen. Lobbying durch Unternehmen und Interessensgruppen findet während der Krisenbewältigung weiterhin statt … – Quelle: https://www.freitag.de/autoren/der-freitag/die-welt-nach-corona-wird-jetzt-ausgehandelt
Mit einem Offenen Brief wenden sich 684 Kulturschaffende mit der Forderung an die Bundesregierung, Flüchtlinge aus Griechenland nach Deutschland zu holen und die Missstände an der griechisch-türkischen Grenze zu bekämpfen. Zu den Unterzeichnern aus ganz Deutschland gehören Autoren, Theaterschaffende, Künstler, Schauspieler und Verleger … Die Zusage von EU-Mitgliedstaaten, 1.600 Kinder unter 14 Jahren aufzunehmen, sei angesichts der großen Zahl von Hilfesuchenden „lächerlich unzureichend“ … Wir fordern die Bundesregierung auf, in unserem Namen das zu tun, was wir als die Pflicht aller Bürger*innen ansehen: Menschen in Not zu helfen.
https://www.freitag.de/autoren/der-freitag/helft-menschen-in-not