Querelen um Nazi-Straßennamen gehen weiter
Das Brucker Tagblatt berichtete am 9.1.18 unter dem Titel „Schilder eigenmächtig aufgehängt … OB übergeht Stadtrat“: »Seit etwa vier Wochen hängen an den Straßenschildern in der Ederer-, Eschenauer-, von Gravenreuth-, Priller-, Zenetti- und Hindenburgstraße ergänzende Tafeln mit Lebensdaten und Hinweisen zu der Person, die der Straße ihren Namen gibt. Alle haben eine mit dem Nationalsozialismus in Verbindung stehende Vergangenheit und hätten nach dem Willen einiger Stadträte aus dem Stadtbild verschwinden sollen. Doch der Stadtrat entschied sich gegen eine Umbenennung und für erklärende Hinweisschilder. Die Texte hätten dem Stadtrat erst vorgelegt werden sollen. Über diesen Beschluss hat sich Erich Raff einfach hinweggesetzt – auch ohne Wissen seiner Fraktion.«
Quer durch alle Fraktionen geht die Kritik an der eigenmächtigen Aktion des OB. „Nicht abgestimmt“, „stark verkürzter Text statt der gewünschten größeren Erklärung, an der der Arbeitskreis Straßennamen noch feilt“, „Die Tafeln sind so klein, dass es bestimmt keiner liest“, „Miniaturtafeln“, „Alleingang“ … Der OB konterte: Die Meinung der Bürger sei ihm hier wichtiger als die der Stadträte: „Die Bürger sind zufrieden und froh, dass das Thema vorbei ist“, sagte er dem Tagblatt. „Und bei der Wernher-von-Braun- und Langbehnstraße wolle er die Texte erst im Ausschuss vorstellen.“ Der 3. Bürgermeisterin beschied er: „… wenn der Arbeitskreis jemals Vorschläge mache, werde er die Schilder austauschen.“ Über eine Dienstaufsichtsbeschwerde gegenüber dem OB wird nachgedacht. OB Raff: Raff: „Dem sehe ich gelassen entgegen.
Brucker SZ vom 10.1.18: »Schildbürgermeisterstreich – Zu umstrittenen Straßenschildern lässt Brucks Oberbürgermeister Erich Raff Informationstafeln anbringen, obgleich der Stadtrat erst im Frühjahr über die Textentwürfe befinden sollte … Er habe das Thema abschließen wollen, sagte Raff der SZ …«
Kommentar: Abgesehen von der berechtigten Kritik vieler Stadträte entsteht der Eindruck, dass die Hinweistexte des OB den Tätigkeiten der Genannten formale Achtung erweisen, anstatt diese Namensgeber als Nazikollaborateure zu entlarven. Durch die Verharmlosung von Faschismusförderern und die unsägliche Antisemitismusverdächtigung einer dokumentarischen Bearbeitung der Judenverfolgung und ihrer geschichtlichen Folgen geraten Geschichtsaufarbeitung und Erinnerungskultur in Bruck in ein schiefes Licht. Man fragt sich, soll bagatellisiert, relativiert und die Schlussstrich-Mentalität befriedigt werden? Was bewegt die Stadtratsmehrheit dazu, die Namen von Verbrechern nicht aus dem Straßenbild zu verbannen? Weshalb deren Verbannung so wichtig ist, zeigt eine ausführliche Zusammenschau faschistischer Akteure und den politischen Zusammenhängen von „damals“ bis heute. Eine Pflichtlektüre!
„Nazis raus: Dieser Spruch ist mehr als nur eine Selbstverständlichkeit, die sich sowohl aus der Geschichte als auch dem Selbstverständnis einer besseren Gesellschaft herleiten lässt. Er bezeichnet die im Schwur von Buchenwald verewigte Losung, den Nazismus mit seinen Wurzeln zu vernichten. Der Faschismus war nie Opfer und wird es nie sein. Die Nachkriegsgeneration lag falsch. Der Faschismus ward nicht ausgerottet.“ (E. Nowak)
Wir verweisen auf unsere Berichterstattung zum Thema: „Brucker Stadtrat will Nazi-Straßennamen behalten“.