Notstand im Kreistag und auf der Straße
Die Brucker SZ berichtete am 18.10.19 über die kontroverse Behandlung des Klimawandels. Im Kreistag: »Der SPD-Antrag auf Ausrufung des Klimanotstands wird nach kontroverser Debatte abgelehnt … die CSU schaltete in einen Angriffsmodus, der an die Debatten der Siebziger- und Achtzigerjahre erinnerte. Namentlich CSU-Kreisrat Hubert Ficker echauffierte sich und sprach von einem „schrillen Begriff“, der dazu angetan sei, den Ruf nach diktatorischen Maßnahmen zu befördern. Auch Landrat Thomas Karmasin kritisierte die Antragsteller. Der Begriff bedeute verwaltungstechnisch gar nichts, sagte er. Überdies sei er kontraproduktiv, denn die Bevölkerung denke beim Wort Notstand an eine Situation, die von den Behörden bewältigt werden müsse … Antragsteller Peter Falk (SPD) hielt den Kritikern entgegen, dass der Landkreis die für 2030 selbst gesetzten Klimaziele „krass verfehlen“ werde. Mit dem Begriff des Notstands solle darauf hingewiesen werden, dass die Kreispolitik mehr Einsatz dabei zeigen müsse, den Ausstoß von Klimagasen zu senken … der Landkreis strebt die Gründung einer Energieagentur an. Eine solche Agentur soll vor allem Beratungen durch festangestellte Fachleute anbieten …«
Auf der Straße: »Ethikschüler machen die Folgen der Erderwärmung deutlich … Sie wollten über den Klimawandel reden, sagen die Grundschüler zu den Passanten. Der Meeresspiegel steigt, das Grundwasser versalzt und viele Inseln gehen unter – geradeheraus und präzise erklären sie den Passanten das Problem. Und geben auf ihren Flyern Lösungsansätze: weniger Autofahrten, Plastik vermeiden und Energie sparen … Schulleiterin Ilona Seyfried lobt das Engagement von Lehrern und Kindern. Dadurch werden auch die Eltern beeinflusst, ihr Verhalten zu ändern, sagt sie. „Auch wenn wir hier in Fürstenfeldbruck nicht direkt betroffen sind, weil wir keine Insel haben, ist es wichtig etwas zu unternehmen.“ …«
Anstelle eines Kommentars: Der Publizist Dirk C. Fleck über „Die rücksichtslose Ausbeutung der Erde – bis zum bitteren Ende“. Auszüge aus einem Artikel in DIE WOCHE vom 24. Februar 1994: „Jeden Tag verschwinden 140 Tier- und Pflanzenarten von der Erde, stündlich werden 685 Hektar Böden versiegelt. Im gleichen Zeitraum krepieren 1.800 Kinder an Unterernährung, während alle sechzig Minuten 120 Millionen Dollar für militärische Zwecke verschleudert werden. Jeden Tag sterben 25.000 Menschen an Wasserknappheit, produzieren wir zehn Tonnen Atommüll, fallen 250.000 Tonnen Schwefelsäure als saurer Regen herab. Eine ungeheure Vernichtungsarbeit. Sie wird nicht kleiner, wenn man bedenkt, dass die Erdbevölkerung pro Woche um zwei Millionen Menschen wächst. Netto, also Geburten minus Sterbefälle. Demnächst haben wir ein weltumspannendes Elend von unvorstellbaren Ausmaßen zu konfrontieren. In fünfzig Jahren wird die ultraviolette Strahlung derart intensiv sein, dass kaum noch Pflanzen wachsen. Das betrifft auch die Grundnahrungsmittel wie Gerste und Reis. Biologisch gesprochen sind wir dabei, aus der Zeit der Bäume in die Zeit des Gestrüpps zu wechseln.“
Der Schweizer Historiker Carl J. Burckhard (1891 bis 1974) brachte es auf den Punkt, als er schrieb: „Es gehört zum Schwierigsten, was einem denkenden Menschen auferlegt werden kann: wissend unter Unwissenden den Ablauf eines historischen Prozesses miterleben zu müssen, dessen unausweichlichen Ausgang er längst mit Deutlichkeit kennt. Die Zeit des Irrtums der anderen, der falschen Hoffnungen, der blind begangenen Fehler wird dann sehr lang.“