Susanne Tannenberger und Susanne Pütz
Drei Fragen stehen zur Diskussion:
1) Welches sind Ihre persönlichen Motive, sich aktiv für die Demokratie einzusetzen und welche Erwartungen stellen Sie an das „Bündnis Demokratie im Landkreis FFB?
2) Welche antidemokratischen Kräfte und Gefahren sehen Sie?
3) Welche Änderungen und Neuerungen für die Gestaltung der Demokratie halten Sie für erforderlich und gangbar?
Antworten … und offene Fragen.
Susanne Tannenberger sagt:
Demokratie – im Altgriechischen bedeutet dieses Wort „Volksherrschaft“. Doch wie sehr haben wir alle heute das Gefühl, wirklich die Politik in unserem Lande – ob direkt vor Ort oder auf Bundesebene – mitbestimmen zu können? Meiner Wahrnehmung nach herrscht heute eine Politikverdrossenheit, ja sogar ein Misstrauen der Politik gegenüber, wie wir es bisher in unserer Demokratie noch nicht hatten. Die Erfahrungen während Corona oder jetzt die zunehmende Aufrüstung, die vielen Menschen Angst macht, ohne dass der Einzelne hier demokratisch mitbestimmen könnte, sind hier sicherlich prägend. Und eine Demokratie, die in sich bröckelt, ist auch nach außen nicht stabil. Theoretisch gäbe es ja die Möglichkeit für jeden, sich politisch zu engagieren. Doch wie häufig ziehen sich auch hier die Menschen resigniert zurück. Warum? Weil wir alle es (noch) nicht wirklich gelernt haben, GEMEINSAM und zeitsparend zu Entscheidungen zu kommen, die von allen mitgetragen werden. Meist versuchen wir immer noch, die Mehrheit auf die eigene Seite zu ziehen. Doch was nützt uns eine Mehrheit, wenn 49 % dagegen sind? Hier die technischen Möglichkeiten, die uns heute gegeben sind, zu nutzen um Mitsprachemöglichkeiten für alle und zu einzelnen Sachthemen zu schaffen (anstatt alle x Jahre mal ein Kreuzchen für einzelne Kandidaten oder Parteien), wäre sicherlich ein erster Schritt. Und jeder einzelne von uns kann für sich eine Kommunikationskultur einführen, in der nicht mehr über abstrakte Weltanschauungen oder „richtig und falsch“ diskutiert wird, sondern wirklich fokussiert über konkrete, zeitnah umsetzbare und vor allem gemeinsame Lösungen für ein Problem. Ich weiß, ich bin hoffnungslos optimistisch. Doch ich bin der festen Überzeugung, dass wir nicht länger auf die Veränderungen von oben warten sollten, sondern dass jede/r Einzelne von uns durch sein Verhalten dazu beitragen kann, dass sich unsere Demokratie „von unten“ mehr und mehr mit Leben und mit „Mit-bestimmung“ füllt.
Susanne Pütz sagt:
# In den letzten Jahren bin ich zunehmend beunruhigt über den Rechtsruck in Europa, und eine damit einhergehende Entsolidarisierung der Gesellschaft. Ich gehöre einer Generation an, die in die Demokratie hineingeboren wurde und die diese für selbstverständlich gehalten hat. Mit der zunehmenden Gefährdung wächst die Erkenntnis, dass Demokratie auch aktiv geschützt und neu mit Leben erfüllt werden muss.
# Ich sehe hier sowohl einen menschlichen Faktor als auch Ursachen in unserer politischen Kultur: Unsere Konsumorientierung halte ich für eine nicht geringe Gefahr, da sie uns bequem gemacht hat. Meines Erachtens ist unsere Anspruchshaltung als Gesellschaft, dass wir ein vermeintliches Recht auf alles haben, ohne etwas dafür tun zu müssen, in den letzten Jahrzehnten enorm gewachsen. Außerdem wird das menschliche Bedürfnis nach Sicherheit in Zeiten großer Unsicherheiten (Klima, Kriege, Pandemie …) natürlich stark erschüttert und herausgefordert. Das macht in einer immer komplexer werdenden Welt empfänglich für vermeintlich einfache Lösungen, wie sie populistische Parteien mit stark antidemokratischen und antirechtsstaatlichen Tendenzen anbieten. Zugleich sind die Bürger und Bürgerinnen aber auch gewohnt, sich mit dem Alltagsgeschäft der Politik nicht wirklich auseinandersetzen zu müssen, da in einer repräsentativen Demokratie in der Regel das politische Handeln an die Politiker und die Parteien delegiert und so das Gefühl verstärkt wird, nicht selbst etwas tun zu müssen und können. Dabei gehören z.B. zum Klimaschutz natürlich nicht nur die entsprechen-den Gesetze, sondern auch das eigene Bewusstsein und Handeln und sich über Themen aus seriösen Quellen zu informieren.
# Demokratieerweiterung im Sinne von direkter Demokratie und aktive Einbeziehung der Bürgerinnen und Bürger in politische Entscheidungen und öffentliche Projekte sollte ein Thema der Zukunft sein. Das setzt aber natürlich voraus, dass diese auch bereit sind, sich mit den Themen auseinanderzusetzen und sich aktiv zu beteiligen. Was viele Menschen im Moment im Blick auf das politische Geschehen wahrscheinlich ermüdet, ist das Parteien-Klein-Klein, bei dem es scheinbar nicht um die beste Lösung, sondern um das Durchsetzen der eigenen (Partei-)Meinung geht. Gerade auf kommunaler Ebene wären im Sinne einer themenbezogenen Politik parteiübergreifende Bündnisse und Fachkompetenz mehr gefragt als politische Ränkespiele.
OFFENE FRAGEN … auf die wir stießen oder gestoßen wurden:
Welche Fragen würden SIE stellen?
Senden Sie Ihre Anmerkungen, Meinung und Fragen an ffbaktiv@posteo.de.
Wir werden sie hier öffentlich machen und versuchen, hinreichende Antworten zu finden.
֎ Wer ist gemeint mit „Gegen rechts“? Was ist gemeint mit „Nie wieder ist heute“?
֎ Welche Erwartungen haben Sie bzw. wir an das Brucker „Bündnis Demokratie“?
֎ 75 Jahre Grundgesetz: Wie sieht die Verfassungswirklichkeit aus?
Die Internet-Plattform „OpenPetition“ informierte: „45.792 Menschen würden in Deutschland an einer Verfassungsreform mitwirken. Was muss an unserem Grundgesetz verbessert werden und wie können wir es besser schützen?“
֎ Wie macht man der Bevölkerung Lust auf Demokratie und wie erreicht man die Jugend?
֎ Wie retten wir unsere demokratisch verfasste Gesellschaft vor einer Demontage?
֎ Kann man Demokratie erneuern bzw. „demokratisieren“?
֎ Alle Parteien verteidigen unsere Demokratie – tun sie es ernsthaft und mit demokratischen Mitteln?
֎ Was ist das und was bringt uns das: Die „marktwirtschaftliche Demokratie“, die „Regelbasierte Werteordnung des Westens“, der „Systemwettbewerb“, die deutsche „Staatsräson“ und die verordnete „Kriegstüchtigkeit“?
֎ Kann man Kriege mit oder ohne Waffen verhindern?
֎ Die aktuelle soziale Lage sieht nicht gut aus: z. B. im Wohnungswesen, beim Bildungssystem und im Gesundheitswesen – was fehlt zur Besserung?